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Agnès Arp
Universität Erfurt
Die DDR nach der DDR
Wir werden die Forschungsmethode, die dem 2020 in Frankreich und 2022 in deutscher Fassung erschienenen Buch Die DDR nach der DDR zugrunde liegt, vorstellen. Unser Buch stützt sich auf die Methode der Oral History, d.h. auf die Erhebung von lebensgeschichtlichen, narrativen Interviews. In ausführlichen Gesprächen (bis zu 5 Stunden) erhielten die dreißig ehemaligen DDR-Bürger*innen, die wir 2018/2019 interviewt haben, die Möglichkeit, ihre Erinnerungen und Erfahrungen zu erzählen. Das reicht von ihrem Aufwachsen und Leben vor und in der DDR (sie waren 2018/19 zwischen 40 und 96 Jahren alt), über die Darstellungen, wie sie die 80er Jahre und das Ende der DDR erlebten, bis hin zu den Folgen dessen für ihr Leben bis heute. Die Interviews bringen ein sehr nuanciertes Bild zu Tage, das das häufig anzutreffende Schwarz-Weiß-Bild einer Gesellschaft, in der es nur Täter und Opfer gegeben habe, widerlegt. Die Interviews belegen die diversen Schattierungen zwischen radikaler Opposition und vollständiger Akzeptanz des Regimes. Es ist eine zweifache Distanz, aus der wir auf die DDR und ihr Ende zurückblicken: die zeitliche Distanz von mehr als 30 Jahren nach deren Ende und die räumliche Distanz unseres Außenblicks, als Französinnen. Wir werden auch erklären, warum die Aussagen der Befragten unter den Überschriften Entwertung, Wiederaneignung und Aufwertung gruppiert und interpretiert wurden. Untersucht wird auch das Verhältnis zwischen Verklärung, wie sie oft bei der Rückbesinnung geschieht, und positiven Erinnerungen an Vieles, was – vor allem im sozialen Bereich – die Bewahrung wert gewesen wäre. *** We will present the research method underlying the book Die DDR nach der DDR, published in France in 2020 and in Germany in 2022. Our book relies on the oral history method, i.e., the collection of life history narrative interviews. In these conversations (up to 5 hours), the thirty former GDR citizens we interviewed in 2018/2019 were given the opportunity to recount their memories and experiences. This ranges from their growing up and their life before and in the GDR (they were between 40 and 96 years old in 2018/19), to the accounts of how they experienced the 80s and the end of the GDR, and the consequences for their lives until today. The interviews reveal a very nuanced picture that refutes the frequently encountered black-and-white image of a society in which there were only SED-members and victims. The interviews provide evidence of the diverse shades between radical opposition and complete acceptance of the communist regime. It is from a double distance that we look back on the GDR and its end: the temporal distance of more than 30 years after its end and the spatial distance of our outside view, as french women. We will also explain why the interviewees' statements were grouped and interpreted under the headings of Entwertung, Wiederaneignung and Aufwertung (devaluation, reappropriation, and valorization).